Mit Hochzeitslied durchs gemeinsame Leben
Musik ist für das gemeinsame Leben von Ina und Ingo Bickel aus Duderstadt ganz wichtig. Kennengelernt haben sich die Eheleute bei einem Konzert der Fokolar-Band „Gen Rosso“ vor über 40 Jahren in Hannover – seitdem sind sie einander und den Fokolaren treu geblieben.
In der Mitte vor dem Altar steht eine Christus-Ikone, drumherum leuchten zahlreiche Kerzen und Teelichte. „Das ist unser Zuhause“, sagen Bickels und zeigen die Kapelle im Haus St. Georg mit dem Dekanatsjugendzentrum „Emmaus“ in Duderstadt. Hier feiern sie monatlich ein Taizé-Gebet und bereiten es auch vor. Engagement für Pfarrgemeinde und Kirche prägt ihr ganzes Leben.
Kennengelernt haben sich die beiden Mitte der 1970er Jahre. Als Praktikantin kam sie in den Kindergarten St. Godehard nach Göttingen, gleichzeitig war er Vorsitzender des dortigen Pfarrgemeinderats. „Für die anderen Leute war schon bald klar, dass wir zusammengehören“, sagt Ingo Bickel und schmunzelt. Sie selbst hätten das noch gar nicht so wahrgenommen. Doch bei einem Konzert der Fokolar-Band „Gen Rosso“ in Hannover habe es dann richtig gefunkt. Aus der Gemeinde sei damals eine Gruppe junger Leute mit einem Bus in die Landeshauptstadt gefahren. Seitdem begleitet die Musik ihr Leben und prägt ihr Lebenskonzept. „Das Konzert war für uns der Anstoß, ein anderes Leben zu führen“, versichern Bickels. Hängen geblieben ist ihnen besonders ein Song: „Warum habe ich heute diese Freude!“. Von den jungen Bandmitgliedern sei „diese Freude“ zu ihnen übergesprungen.
„Das wichtigste für uns ist das Gemeinschaftsleben“, beteuern Bickels. Ein Gebetskreis helfe, aber der eigentliche Gedanke sei, „ein stückweit mit der Gruppe auch unter der Woche gemeinsam“ zu leben, den Kontakt zu den anderen zu halten. Das betreffe gerade auch alltägliche Aufgaben, etwa den Einkauf. Leiten lassen sich Bickels dabei vom „Kerngebet“ der Fokolare, dem Abschiedsgebet Jesu in Kapitel 17 des Johannesevangeliums. „Alle sollen eins sein“, heißt es da, „dadurch haben wir gelernt, viel aufmerksamer zu sein!“ Besonders angenehm sei bei den Fokolaren, dass alle für sich selbst entscheiden könnten, wie weit sie sich einbringen.
Gegründet wurden die Fokolare 1943 in Italien von Chiara Lubich als katholische Gemeinschaft. Zugehörig fühlen sich allein in Deutschland rund 35.000 Menschen, weltweit sollen es 2 Millionen sein, darunter auch viele aus anderen Konfessionen und Religionen oder ohne Bekenntnis.
Intensiveren Kontakt haben Ina und Ingo Bickel noch unverheiratet zu andern Fokolaren aufgebaut. „Da ist so ein Treffen bei Münster“, habe der damalige Gemeindepfarrer Nikolaus Knackstedt gesagt und Ingo Bickel zu einer „Mariapoli“ mitgenommen. Übersetzt „Stadt Mariens“ nennt die Fokolar-Bewegung mehrtägige Zusammenkünfte. Die Teilnehmer versuchen bewusst als Christen in Gemeinschaft die Zeit zu verbringen. Von den Sommertreffen waren beide gleich begeistert. „Da waren freundliche Menschen, die einander anlachen“, berichten Bickels.
Wiedersehen mit „Gen Rosso“
Pfarrer Knackstedt war es dann auch, der die beiden im Oktober 1975 traute. Eingeladen hatten sie sogar „Gen Rosso“. Die Band sagte zu, war aber kurzfristig verhindert. „St. Godehard war trotzdem rappelvoll mit Fokolaren aus ganz Deutschland“, erinnern sich Bickels. Von den Gästen und der Fokolarin Rita Kotzur wurde ihnen als Hochzeitsgeschenk ein neues Lied gesungen, das erst später auf Platte erschien. Refrain und Strophen greifen die Worte „Ich bin der Weg, die Wahrheit, das Leben“ aus Kapitel 14 im Johannesevangelium auf. Sie sind zum
Leitbild des gemeinsamen Lebens geworden.
Neben der Musik schaut das Ehepaar Bickel monatlich auf das „Wort des Lebens“ der Fokolare mit einer Bibelstelle und Gedanken zur Auslegung. „Das begleitet uns, das versuchen wir mit Leben zu füllen“, sagt Ingo Bickel. Zusammenfassen lasse sich die darin enthaltene Botschaft mit dem Satz „dienet einander in Liebe“ aus dem Galaterbrief. Für Bickel gerade im früheren Berufsleben als Schulleiter der St.-Ursula-Schule eine Herausforderung. Geholfen hätten ihm dabei drei besonders beeindruckende Vorbilder: Mutter Teresa, Chiara Lubich und Frère Roger aus Taizé.
Ein Wiedersehen mit „Gen Rosso“ gab es in bei mehreren Konzerten, etwa in München. Und sogar in Duderstadt, wohin es Bickels als Familie mit zwei Kindern kurz vor der innerdeutschen Grenzöffnung in Herbst 1989 verschlug. 2013 organisierten sie dort auf Initiative von Propst Bernd Galluschke den Auftritt der Männer-Band und holten 2017 „Gen Verde“, die Frauen-Band der Fokolare, in die Stadt im Untereichsfeld.
Bei der Finanzierung solcher Veranstaltungen halfen ihnen die Einnahmen aus einem von Ina Bickel organisierten Kunsthandwerkermarkt, erstmals vor 23 Jahren für den Förderverein der Schule in der Schule, mittlerweile unter dem Namen „inspiriert“ im Pfarrheim. Rund 40 Stände bieten im Herbst handgefertigte Produkte an. Der Erlös aus Standgebühr und Kuchenverkauf kommt immer der Jugendarbeit zugute, sei es für das Dekanatsjugendzentrum, die Pfadfinder oder eben Schülerprojekte bei Konzerten von „Gen Rosso“ und „Gen Verde“.
Johannes Broermann