Mutter Teresa auf evangelisch
„Gegenentwurf zu dem, was in unserer Gesellschaft erlebbar ist“
Sie sind evangelisch – und singen ein Musical über Mutter Teresa, Inbegriff einer katholischen Heiligen. Für den Gospelchor „ToGether“ aus Göttingen kein Widerspruch, sondern eine besondere Herausforderung.
Einen deutlichen katholischen Einfluss gibt es bei „ToGether“: Chorleiterin Gosia Borrée. Für die Katholikin ist Mutter Teresa eine „faszinierende Persönlichkeit“, deren Lebensgeschichte sie sich schon länger als Stoff für den Chor gewünscht hatte. „Die Liebe von der wir reden, hat sie täglich gelebt“, sagt Borrée. Davon ließ sich ihr evangelischer Chor leicht überzeugen. Auch wenn die Mutter von Kalkutta der Inbegriff einer katholischen Heiligen ist.
Mag der Anstoß zum Musical katholisch inspiriert sein, das Libretto trägt eine protestantische Note. Die Dialoge des Musicals hat Michael Borrée geschrieben – Ehemann der Chorleiterin und evangelischer Diakon. Zuvor hat sich Borrée beispielsweise mit Nelson Mandela und Martin Luther King befasst. In die Lebensgeschichte des Widerstandskämpfers und ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas hat er sich ebenso hineingekniet wie in die Biografie des amerikanischen Bürgerrechtlers: Zwei der Werke, die „ToGether“ in den vergangenen Jahren aufgeführt hat.
Alles – nur nicht langweilig
Nun also Mutter Teresa:„Zuerst habe ich gedacht, Mutter Teresa wird langweilig“,gibt Borrée zu. Seine Vermutung: Das, was ein Musical ausmacht – Abenteuer, Aufregung, auch Amouröses – fehlt im Leben einer Frau, deren Weg von Albanien nach Indien führte – und das als Ordensfrau.
Dann aber hat Borrée sich in die Literatur über die Missionarin vertieft und Szenen gefunden, die Sänger wie Zuschauer rühren. Er zeigt Mutter Teresa als tatkräftige Frau, die sich dem einzelnen Menschen zuwendet, Kindern, Alten, Sterbenden. „Dabei stellt sich die Frage: Welche Berufung habe ich?“, erläutert Borrée. Eine Frage, die er nun an das Publikum weiterreicht.
In Kalkutta kämpft Mutter Teresa für ein Sterbehaus. Von der Stadtverwaltung wird sie unterstützt, aber der Bevölkerung widerstrebt ihr Ansinnen. „Christen, Muslime, Hindus – sind wir nicht alle Kinder Gottes, um geliebt zu werden?“, lässt Borrée Mutter Teresa fragen. In Zeiten, in denen offener oder versteckter Groll gegen Religionen wieder aufkeimt, hochaktuell.
Gespielt wird die Heilige von Kerstin Conrady oder Kirsten Zimmermann. Als Hauptfigur ist die Rolle doppelt besetzt, um Ausfällen vorzubeugen. „Man wächst mit der Rolle und lernt durch die Aussagen viel über sich selbst“, findet Zimmermann. Überzeugend spricht Mutter Teresa durch sie: „Jeder kleine Akt der Liebe verändert die Welt. Es kommt nicht darauf an, große Dinge zu tun, sondern vor allem kleine Dinge mit großer Liebe.“ Ein Satz, der nicht nach der Konfession fragt – nur nach Barmherzigkeit.
„Wir zeigen eine andere Lebensweise“
„Was wir in dem Musical sagen, ist ein Gegenentwurf zu dem, was in unserer Gesellschaft erlebbar ist“, beschreibt Borrée den Reiz des Stücks: „Wir zeigen, dass es eine andere Lebensweise gibt.“ Und wieder: Das Taufbekenntnis macht da keinen Unterschied.
In der Regel beginnt der rund 60 Mitglieder umfassende Chor seine Proben ein Jahr vor der ersten Aufführung mit einem Chorwochenende. Dann werden auch die Rollen verteilt. Diesmal musste es schneller gehen. „Wir wollten das Stück im Jahr der Heiligsprechung aufführen und haben erst nach den Sommerferien angefangen“, berichtet Gosia Borrée.
Die Dialoge sind selbst verfasst, die Musik wird „geliehen“ – von namhaften Bands, anderen Musicals oder auch aus dem Liedreichtum der Kirche. Zu hören sind unter anderem „Wenn Träume sterben“ von den Puhdys, „Let it be“ der Beatles und „Heal the world“ von Michael Jackson. Außerdem Ralph McTells „Streets of London“, einige Gospels und ein Lied aus dem Film „Sister Act“: „I will follow him“. Das ist auch der Titel des Musical. Übersetzt: „Ich werde ihm folgen.“ Wie gemacht für ein Musicals über Mutter Teresa.
Johannes Broermann
„I will follow Him“ – ein Gospelmusical über Mutter Teresa
ist zu sehen und zu hören bei freiem Eintritt:
Freitag, 3. Februar, 19.30 Uhr, St. Pankratius Barterode (Alte Schule 1)
Samstag, 4. Februar, 19.30 Uhr, Corvinuskirche Göttingen (Grotefendstraße 36)
Samstag, 11. Februar, 19.30 Uhr, Citykirche St. Michael Göttingen (Kurze Straße 13)
Sonntag, 12. Februar, 18 Uhr, Bethlehemkirche Göttingen (Londonstraße 11a)