Pilgerreise durch Brasilien

Mit neuen Augen haben 23 Eichsfelder (mit Hildesheimer und Hannoveraner Gästen) eine Pilgerreise der besonderen Art durch Brasilien unternommen. „Es war eine geniale Erfahrung. Wir haben erlebt, wie das gelebte Wort Gottes Menschen verändert - auf der fazenda da espranza. Wir haben den größten Wallfahrtsort Brasiliens, Aparecida, erlebt - 8000 Menschen bei einerWerktagsmesse", berichtet Propst Bernd Galluschke.

Die Gruppe habe so viele Erfahrungen mit dem gelebten Evangelium gemacht, dass alle „verändert, bereichert, beglückt heimgekehrt sind und sagen können: Gott haben wir gesehen in den Augen der Menschen, die - nach deutschen Maßstäben - in der Gosse leben", sagt Galluschke.

 

Die Augen sagen alles

Von Propst Bernd Galluschke

Sao Domingo - ein Kinderheim in Arapiraca im Nordosten Brasiliens: André liegt auf seinem Bett - seitlings, weil er am Rücken operiert wurde und einen künstlichen Ausgang hat - vorerst. Andere Kinder stehen um ihn herum. Gott sei Dank hat er die OP überlebt. Ein brutaler Virus hätte ihn fast das Leben gekostet. Was für ein Leben? André ist schwer behindert: Seine Eltern haben ihn so sehr misshandelt, dass seine Füße völlig verdreht sind und er niemals mehr laufen können wird. Deshalb hat ihn Padre Bene im Kinderheim aufgenommen.

Die Kinder halten André jetzt die Augen zu - auf ihn wartet eine Überraschung. Als Christopher und André aus Mingerode den neuen Rollstuhl hereinschieben, strahlt der mittlerweile 14jährige und seine Augen leuchten. Was da für eine Dankbarkeit und Freude sichtbar wird, ist für mich fast unfassbar. Die Augen werden feucht, ich muss mal kurz wegschauen.

Nicht nur in diesen Augen, sondern in vielen anderen hat mich während der Brasilienreise Gott angeschaut - ganz menschlich.

Das war nicht anders zu Beginn unserer Reise mit rund 20 Eichsfeldern nach Brasilien, als wir die "fazenda da esperanza" in der Nähe von Sao Paolo besuchten. Mehr als 120 junge Leute machen dort und an 117 weiteren Orten in 17 Länder eine christlich basierte Drogenentzugstherapie. Sie gehört zu den härtesten, aber auch zu den erfolgreichsten Therapien, bei der das alltägliche Leben aus dem Wort Gottes im Mittelpunkt steht. Auch hier begegnen mir Menschen, die Unglaubliches  durchgemacht haben und deren Augen mir trotzdem - oder gerade deswegen - lebendig von Gott erzählen.

Gott ist tatsächlich in jedem Menschen zu finden: Solche Erfahrungen bringen die normalen Massstäbe ins Wanken. Denn wem würden nicht sofort Zeitgenossen einfallen, bei denen man sagen möchte: Also in dem, da findest du alles ... aber nicht Gott. Oder? Klingt Ihnen zu fromm?

Nicht nur ich habe von den 13 Tagen in Brasilien die Erfahrung mitgenommen, dass gerade dort, wo unsere Gesellschaft eher die "Gosse" sieht, besonders viel von Gott zu finden ist - gerade in den Augen derer, die zu den Loosern zu gehören scheinen!

Die Begegnungen mit den Menschen am Rande der Gesellschaft hat uns alle so fundamental berührt, dass sie auch unserem Miteinander eine unerwartete Tiefe gegeben haben. Die strahlenden Augen von Menschen, wie die von André, werde ich nicht vergessen. Sie werden mich nicht zur Ruhe kommen lassen - und genau so geht es den anderen Reiseteilnehmern.

Vielleicht machen Sie ja eine ähnliche Erfahrung, wenn Sie in diesen Tagen den Menschen, denen Sie begegnen, in die Augen schauen. Dann sehen Sie - wie wir Brasilienreisenden -, dass viele Augen auch von Gott erzählen - am intensivsten vielleicht dort, wo man gar nicht damit rechnet.